Kai Müller, Lehrer am Lietz Internat Schloss Bieberstein
Kai Müller ist seit August 2003 Internatslehrer am Lietz Internat Schloss Bieberstein. Hier sein Bericht über diese spannende Tätigkeit.
Was haben Sie vor Ihrer Tätigkeit im Internat getan?
Referendariat und Lehrer an einem öffentlichen Gymnasium
Warum haben Sie sich für diese Aufgabe entschieden?
Die Schule bietet ein interessantes Arbeitsumfeld, in dem ich die Schüler umfassend betreuen kann. Das heißt, ich kann sie mit all ihren Problemen wahrnehmen und so ggf. adäquat auf sie eingehen. Zudem bin ich für meine Schüler auch außerhalb des Unterrichtes erreichbar für Fragen. Weiterhin lerne ich meine Schüler auf einer anderen Ebene kennen, die über den Unterricht hinaus geht, was die Zusammenarbeit im Unterricht erleichtert.
Welche Erwartungen an die Tätigkeit wurden erfüllt?
Der Unterricht kann trotz der formalen Vorgaben flexibler gestaltet werden. Die Zusammenarbeit mit Kollegen und Schülern ist bedeutend intensiver. Ich habe meine Schüler viel besser kennengelernt, was es mir einfacher macht mit ihnen zu arbeiten, zudem lernen sie mich nicht nur als Lehrer, sondern auch Privatperson kennen. So werde ich nicht nur in meiner Funktion als Lehrer, sondern auch als Person respektiert.
Was sind für Sie besondere Herausforderungen Ihrer Tätigkeit?
Es muss einem bewusst sein, dass man keinen geregelten Tagesablauf hat, neben dem Unterricht fallen auch immer wieder Aufgaben im Internat an, seien es normale Verpflichtungen, wie Mahlzeiten, AG´s, aber auch Notfälle und Betreuung von Schülern. Zudem muss man lernen, seine Zeit einzuteilen und bereit sein, seine Schüler rund um die Uhr zu sehen.
Welche drei Vorteile sehen Sie in Ihrer Tätigkeit im Internat gegenüber der Tätigkeit an einer normalen Schule?
- Mehr Flexibilität und Kreativität im Unterricht
- Kleine Lerngruppen
- Persönlicherer Zugang zu Schülern und Kollegen
Welche Eigenschaften finden Sie besonders wichtig, wenn sich jemand für eine solche Aufgabe interessiert?
Ein Lehrer / Eine Lehrerin im Internat sollte über das normale Maß hinaus bereit sein sich zu engagieren und auch belastbar sein. Man sollte gerne mit Jugendlichen arbeiten und mit vielen Menschen zusammenleben und arbeiten wollen. (Teamfähigkeit)
Zudem erfordert die Arbeit im Internat Verantwortungsbewusstsein und die Fähigkeit sich kreativ einzubringen.
Da die Arbeit im Internat immer wieder zu Situationen führt, die ggf. nicht durch Regeln abgedeckt sind, oder in denen bestehende Regeln oder Verfahrenshinweisen nicht handhabbar erscheinen, sollte ein Internatslehrer selbstbewusst, eigenverantwortlich und auch empathisch handeln können, ohne „sein eigenes Süppchen zu kochen“.
Wer sollte sich auf diese Aufgabe auf gar keinen Fall bewerben?
Wenn man nicht bereit ist seinen Tagesablauf an das Internat anzupassen, bzw. geregelte Arbeitszeiten möchte, ist das Internat ein ungeeigneter Arbeitsplatz.
Wer das Internat ausschließlich als Arbeitsplatz wahrnimmt, wird im Internat nicht glücklich.
Zu den Fakten der Tätigkeit...
Betreuen Sie nur Schüler eines Geschlechts und einer Altersgruppe oder eine gemischte Gruppe?
Gemischte Gruppe: 3 Mädchen, 7 Jungs
Erhalten Sie für Ihre Tätigkeit im Internat eine Entlastung im Unterricht?
Ja, 7 Deputatsstunden für die Betreuung der Schüler und zusätzlich Stunden für AG´s und ähnliches, je nach Angebot
Wie sieht eine durchschnittliche Woche, ein Arbeitstag bei Ihnen aus?
Täglich
7.45 – 8.00 Uhr Frühstück,
9.45 – 10.00 Uhr Konferenz,
13.00 – 13.30 Uhr Mittagessen,
18.30 – 19.00 Abendessen,
zwischen 22.00 – 23.00 Uhr Rundgang zur Nachtruhe.
Der Unterricht verteilt sich in der Zeit von 8.10 – 17.00 Uhr
Zudem einmal pro Woche
Mittwochs Kapelle (= Schulversammlung) 19.00 – ca. 20.00 Uhr
Donnerstags 14.00 – 15.30 Uhr Konferenz ,
18.30 bis Nachtruhe Familienabend mit der Wohngruppe
Freitags Kochgilde (alle 2 Wochen 3 Stunden)
Unter der Woche verteilt Betreuung und Organisation der Teestube, Wochenenddienste nach Plan, Montags freier Tag
Wie beurteilen Sie Ihre Arbeitsbelastung?
Die Arbeitsbelastung ist zum Teil sehr hoch, bedingt durch den Tagesablauf, auch mit Belastungsspitzen in manchen Wochen. Ausgleich bringen hier die freien Tage und die zusätzlichen Ferienzeiten.
Wie oft dürfen Sie das Internat während der Schulzeit verlassen?
Jederzeit, solange die Betreuung gewährleistet ist. In Absprache mit Kollegen und der Leitung sind auch längere Abwesenheiten an einem Tag möglich.
Letzte Informationen für Interessenten
Was sollte jeder Bewerber wissen?
Internat ist nicht nur Unterricht, sondern bedeutet, seinen Beruf zu leben und seinen Lebensmittelpunkt in das Internat zu legen. Es wird immer Zeiten geben, in denen man an seine Grenzen gelangt, aber die Arbeit ist sehr spannend und befriedigend. Man lernt viele interessante Menschen kennen und lernt jeden Tag dazu. Internat ist nicht nur eine Arbeit, Internat verlangt eine spezielle Lebenseinstellung, was sehr viel Spaß machen kann.
Was ist ihr Tipp für Bewerber, Neueinsteiger in diesem Beruf?
Man sollte sich das Internat genau ansehen und nach Möglichkeit auch dort ein paar Tage hospitieren und leben, um einen Eindruck zu gewinnen.
Wichtig ist es, mit Kollegen zu reden und zu fragen, wenn einem etwas unklar ist.
Das Leben im Internat ist kompliziert und man kann nicht alles zu Beginn wissen.
Es braucht einem nicht peinlich zu sein, nach Hilfe zu fragen, es ist eher notwendig, damit man als Neueinsteiger zurecht kommt, dann kann es ein toller Beruf sein, der einem viel Freude machen kann.